E-Government-Gesetz macht eventuell ersten Schritt hin zu Open Data

Das geplante E-Government-Gesetz komme voran, meldet heise.de heute. Die Bundesregierung plant, bis 2013 ein auch für Länder und Kommunen verbindliches Gesetz zu erlassen, dass gültige elektronische Verwaltungstransaktionen ermöglicht. Zu befürchten ist einmal wieder, dass die Bundesebene den „unteren“ Gliederungen damit etwas aufbürdet, das diese finanziellen nur schwer stemmen können. Auch dass mit dem Gesetz die Nutzung von DE-Mail wie auch der elektronischen Signatur auf dem neuen Personalausweis unterstützt werden soll, müsste eigentlich in einem eigenen Aufsatz diskutiert werden. Mehr interessieren mich gerade zwei andere Aspekte: „Ersetzendes Scannen“ soll möglich werden. Verwaltungsmitarbeiter dürfen dann also Dokumente einscannen und das Original wegwerfen – allein beim Gedanken daran dürften alte Verwaltungshasen bereits kreisrunden Fellausfall bekommen! Und das neue Gesetz soll einen Schub für Open-Data bringen. Das klingt erstmal gut.

Kommunalpolitisch Interessierte haben sich bestimmt schon mehr als ein Mal geärgert: In einem Ratsinformationssystem finden sich zu einer Ausschuss- oder Ratssitzung meist die Tagesordnung, möglicherweise auch die Beschlussvorlagen in digitalisierter Form – was dann aber oft bedeutet: Texte wurden als Grafik gescannt und in ein PDF konvertiert. Werden in den Vorlagen aber Anlagen referenziert, sucht man sich „den Wolf“. Glaubt man den Ausführungen auf heise.de, soll das nun anders werden. Verweisen öffentliche Bekanntmachungen auf einsehbare Unterlagen, müssen diese auch über das Internet zugänglich gemacht werden – und zwar in maschinenlesbarer Form.

Das wäre ein Riesenfortschritt! Gemünzt auf die Beteiligung der Öffentlichkeit bei Planungsprozessen würde es ermöglichen, relevante Unterlagen auch maschinell zu sichten. Damit wäre dies ein Schritt hin zum Open Government. Denn auf der Basis der offen liegenden Daten könnten Bürgerinnen und Bürger auch ganz eigene Verarbeitungsformen für die verwaltungsseitig bereitgestellten Informationen entwickeln.

Dass dies künftig immer wichtiger werden wird, haben Ursula Maier-Rabler und Stefan Huber mustergültig herausgearbeitet (Maier-Rabler/Huber 2011). Sie verweisen darauf, dass sich mit der zunehmend verbreiteten Nutzung des Internets auch die Partizipationsbedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger von einem simplen Beteiligtwerden hin zu einem komplexeren und kreativeren Nutzungsmuster verändern.

Bürger wollen, so sehen es die beiden österreichischen Wissenschaftler, nicht nur Zugang zu den Daten, die ihnen eigentlich sowieso gehören. Sie wollen die Daten und die Geschicke, auf die sich die Daten beziehen, sinnvoll weiterentwickeln (vgl. dazu Maier-Rabler/Huber 2011: 182). Damit gibt es auch einen direkten Bezug zu meinem Text Veraltetes Kästchen-Denken bei der Enquete-Kommission. In dem Beitrag merkte ich an, dass eine rein binnenadministrativ fokussierte Sicht auf E-Government an der Realität und den Erfordernissen vorbeigeht. E-Government muss sich auf informationeller, kommunikativer und transaktioneller Ebene der Partizipation der Bürgerinnen und Bürger öffnen. Die Verfügbarmachung von öffentlichen Daten zur weiteren Nutzung durch die „Community“ wäre ein Schritt in diese Richtung.

Ich werde sicherlich in absehbarer Zeit noch detaillierter auf den Aufsatz von Maier-Rabler/Huber eingehen. Erschienen ist er in dem sehr empfehlenswerten, auf Peer-Reviews bauenden E-Journal „eJournal von eDemocracy and Open Government“ (JeDEM). Der Text arbeitet schön heraus, was Colin Crouch bei seinem viel rezipierten Schlagwort von der Post-Demokratie alles übersehen hat – nämlich die neueren Formen demokratischer Integration und demokratischen Engagements und alle Ausdrucksformen netzbasierter Kommunikation.

Literatur

Maier-Rabler, Ursula u. Stefan Huber (2011): “Open”: the changing relation between citizens, public administration, and political authority. In JeDEM, Nr. 2/vol.3, S. 182 – 191. Online im Internet: http://www.jedem.org/article/view/66 [Stand: 6.2.2012].

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