Musikalische Demokratie: Bürgerräte sind hitverdächtig

Was wäre, wenn Regierung und Opposition in einer Demokratie ein Orchester wären? Spielen sie gut zusammen? Oder erzeugt ihr Zusammenwirken Misstöne? Was passiert, wenn die Sologeige sich zu sehr in den Vordergrund spielt und sich nicht an die rhythmischen Vorgaben der Bass-Sektion hält? Und andererseits: Welcher Wahlwerbespot, welche Demonstration wäre ohne eingängige musikalische Begleitung denkbar?

Es liegt gar nicht so fern, von einer „Musical Democracy“ zu sprechen, wie es Nancy S. Love in ihrem 2006 erschienenen gleichnamigen Buch macht. Es lohnt sich, diesen kompakten Vortrag Loves dazu auf YouTube zu verfolgen.

Den Ansatz der US-amerikanischen Autorin hat auch die deutsche Politikwissenschaftlerin und Journalistin Ute Scheub aufgegriffen. 2017 legte sie im Oekom-Verlag München ihren Band „Demokratie. Die Unvollendete“ vor. Dieser kann kostenfrei als PDF-Datei bei Mehr Demokratie heruntergeladen werden.

Der Titel verrät es bereits: Ute Scheub lässt sich von Nancy Loves musikalischer Demokratie inspirieren, hält die „demokratische Sinfonie“ allerdings für noch nicht perfekt. Mehr noch: Sie hat einige Verbesserungsvorschläge. „Musikalische Demokratie: Bürgerräte sind hitverdächtig“ weiterlesen

Musikalische Demokratie: Bürgerräte sind hitverdächtig

Postdemokratie ist etwas für Endzeit-Fans

Das Theorem der Postdemokratie von Colin Crouch erfreut sich großer Beliebtheit in der demokratietheoretischen Diskussion. Zwei Bücher hat Crouch dazu bislang veröffenticht. Carsten Rehbein stellt sie auf e-politik.de vor (Rehbein 2012). Er verknüpft seine Schilderungen mit der steilen These, die Piratenpartei trage nichts zur Überwindung der postdemokratischen Verhältnisse bei, solang sie nicht neue demokratische Verfahren in den gesellschaftlichen Diskurs einbringe. Gleichzeitig spricht er der von der Piratenpartei geübten Partizipationspraxis diese Qualität schlicht ab.

Postdemokratie heißt: Bei nach außen intakten, die Demokratie auszeichnenden Instituten wie periodischen Wahlen, Wahlkämpfen, Parteienkonkurrenz oder Gewaltenteilung wird die Gesellschaft durch Staat, neoliberalen Markt und Großunternehmen ausgehölt. Strippenzieher und privilegierte Eliten kungeln die politischen Entscheidungen hinter dem Rücken des Volkssouveräns aus. Diese werden durch die Bevölkerung solang nicht kritisiert, wie sie vermeintlich objektivierbaren Kriterien der Verteilungsgerechtigkeit entsprechen (vgl. dazu auch Jörke 2011; Wikipedia 2012).

Politik simuliere nur noch die Herrschaft des Volkes, während sie tatsächlich die Interessen der Großkonzerne vertrete. Crouch selbst sieht – so schildert es Rehbein – einen Ausweg nur, indem sich außerparlamentarische, zivilgesellschaftliche Pressure Groups bilden, die die Großkonzerne zurück auf den Weg der Tugend führen. Den Massenmedien vertraut er dabei nicht.

Das alles – Crouchs Thesen und Rehbeins Ausführungen – klingt sehr gefällig. Es passt auch so gut zum „Common Sense“, dass es Politikverdrossenheit gebe, die Gesellschaft immer weiter auseinanderdrifte und „die da oben“ sich sowieso nur um sich selbst kümmerten. Nur: Wer sagt eigentlich, dass diese Grundannahme zutrifft? „Postdemokratie ist etwas für Endzeit-Fans“ weiterlesen

Postdemokratie ist etwas für Endzeit-Fans

Urheberrecht, Freiheit, Demokratie

Selten ist in den vergangenen 30 Jahren wohl so intensiv über das Urheberrecht diskutiert worden wie in den vergangenen drei Monaten. Immer noch besteht weiterer Gesprächsbedarf. So lädt etwa die Linkspartei für den 12. Mai zu einem hochkarätigen Barcamp Urheberrecht im 21. Jahrhundert nach Leipzig ein. „Urheberrecht, Freiheit, Demokratie“ weiterlesen

Urheberrecht, Freiheit, Demokratie

Die Sinnhaftigkeit der Fraktionsdisziplin

Ich halte es für demokratisch, wenn Fraktionen ein weitgehend einheitliches Abstimmverhalten an den Tag legen! Mit anderen Worten: Fraktionsdisziplin muss nichts Schlechtes sein. Die Sitte, dass Fraktionen in Parlamenten einheitlich abstimmen, ist seit dem Einzug der Piratenfraktion in das Abgeordnetenhaus Berlin neu in die Diskussion geraten. In den nächsten Absätzen liste ich einige Argumente pro Fraktionsdisziplin auf, was nicht heißt, dass es nicht auch berechtigte Contra-Positionen geben kann – die Meinungs- und Gewissensfreiheit der Abgeordneten natürlich an erster Stelle. „Die Sinnhaftigkeit der Fraktionsdisziplin“ weiterlesen

Die Sinnhaftigkeit der Fraktionsdisziplin

Konsens ist urdemokratisch

Selten kommt es vor, dass eine klare Äußerung wie „Die haben es begriffen“ mit einem klaren: „Nein, nicht wirklich“ gekontert werden kann. Mit der zitierten klaren Zustimmung adelt der von mir sehr geschätzte Journalist  Burkhard Schröder einen Absatz des Beitrages Joachim Gauck: the making of a technocrat seines Berufskollegen Matthias Heitmann auf Spiked online.

Der Beitrag befasst sich eigentlich mit dem Aufbau von Joachim Gauck als idealem Konsens-Kandidaten für eine zutiefst vom Parteienwettbewerb verunsicherte politische Öffentlichkeit. Die These des von Schröder zitierten Absatzes in short ist: Demokratie lebt vom Wettbewerb widerstreitender Meinungen, Argumente und Positionen. Eine der Positionen setze sich dann so lang durch, bis sie durch eine andere korrigiert werde. Die deutsche politische Kultur strebe hingegen nach Ausgleich widerstreitender Positionen. Das verhindere klare Positionierungen. „Konsens ist urdemokratisch“ weiterlesen

Konsens ist urdemokratisch