Gediegene Skepsis, um Internet-Beteiligung kleinzuhalten

Nun  sind es doch noch einige Tage mehr geworden, die ich den fälligen Blog-Beitrag zur Tagung Bürgerbeteiligung 2.0 der Herbert-Quandt-Stiftung, der Körber-Stiftung, des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und der kommunalen Spitzenverbände in Berlin aufgeschoben habe. Die Verarbeitung meiner Erlebnise dort fällt mir schwer. Das liegt vermutlich daran, dass mich die Skepsis überrascht hat, auf die die Unterstützung des demokratischen Prozesses durch das Internet dort stieß. Auch die gediegene Unkonkretheit, mit der das Thema in Berlin behandelt wurde, verunsichert mich. Bereits neun Jahre liegt meine Magisterarbeit „Ein neues Steuerungsmodell aus dem Internet?“ zurück, in der ich mich mit den Möglichkeiten beschäftigte, Bürgerbeteiligung per Internet zu unterstützen. Ist denn seitdem nichts wirklich vorangegangen? Weil mich all das so erstaunt hat, werden die folgenden Zeilen zunächst eine leicht ratlose Aufzählung von Merkwürdigkeiten, die mir aufgefallen sind. Ich hoffe, dass ich nach und nach auch inhaltlich das Erlebte nachbereiten werde. „Gediegene Skepsis, um Internet-Beteiligung kleinzuhalten“ weiterlesen

Gediegene Skepsis, um Internet-Beteiligung kleinzuhalten

Postdemokratie ist etwas für Endzeit-Fans

Das Theorem der Postdemokratie von Colin Crouch erfreut sich großer Beliebtheit in der demokratietheoretischen Diskussion. Zwei Bücher hat Crouch dazu bislang veröffenticht. Carsten Rehbein stellt sie auf e-politik.de vor (Rehbein 2012). Er verknüpft seine Schilderungen mit der steilen These, die Piratenpartei trage nichts zur Überwindung der postdemokratischen Verhältnisse bei, solang sie nicht neue demokratische Verfahren in den gesellschaftlichen Diskurs einbringe. Gleichzeitig spricht er der von der Piratenpartei geübten Partizipationspraxis diese Qualität schlicht ab.

Postdemokratie heißt: Bei nach außen intakten, die Demokratie auszeichnenden Instituten wie periodischen Wahlen, Wahlkämpfen, Parteienkonkurrenz oder Gewaltenteilung wird die Gesellschaft durch Staat, neoliberalen Markt und Großunternehmen ausgehölt. Strippenzieher und privilegierte Eliten kungeln die politischen Entscheidungen hinter dem Rücken des Volkssouveräns aus. Diese werden durch die Bevölkerung solang nicht kritisiert, wie sie vermeintlich objektivierbaren Kriterien der Verteilungsgerechtigkeit entsprechen (vgl. dazu auch Jörke 2011; Wikipedia 2012).

Politik simuliere nur noch die Herrschaft des Volkes, während sie tatsächlich die Interessen der Großkonzerne vertrete. Crouch selbst sieht – so schildert es Rehbein – einen Ausweg nur, indem sich außerparlamentarische, zivilgesellschaftliche Pressure Groups bilden, die die Großkonzerne zurück auf den Weg der Tugend führen. Den Massenmedien vertraut er dabei nicht.

Das alles – Crouchs Thesen und Rehbeins Ausführungen – klingt sehr gefällig. Es passt auch so gut zum „Common Sense“, dass es Politikverdrossenheit gebe, die Gesellschaft immer weiter auseinanderdrifte und „die da oben“ sich sowieso nur um sich selbst kümmerten. Nur: Wer sagt eigentlich, dass diese Grundannahme zutrifft? „Postdemokratie ist etwas für Endzeit-Fans“ weiterlesen

Postdemokratie ist etwas für Endzeit-Fans

Werthaltige E-Demokratie muss integrieren

E-Demokratie! Welche Versprechen schwingen in diesem trendigen Wort mit! Hinz und Kunz (aus der Fachöffentlichkeit) diskutieren mittlerweile darüber, wie sich das Internet, iPads und Laptops nutzen lassen, um dieses Land zu demokratisieren. Selbst in Boulevard-Talkshows geht es auf einmal um „Liquid Feedback“, Twitter, E-Petitionen, ACTA und Ähnliches. Nur selten reflektiert jemand, dass die genannten technischen Mittel doch eben nur technische Mittel sind, die allein noch keinen demokratischen Frühling machen.

E-demokratische Verfahren eignen sich dazu, politische Diskurse anzustoßen und zu entwickeln. Meine These ist im folgenden Text, dass die Funktion von E-Demokratie die Integration dieser Diskurse in die herkömmlichen Diskurse der Gesellschaft ist, damit sie Wirksamkeit entfalten können. „Werthaltige E-Demokratie muss integrieren“ weiterlesen

Werthaltige E-Demokratie muss integrieren

Veraltetes Kästchen-Denken bei der Enquete-Kommission

Die Enquete-Kommission „Internet und Digitale Gesellschaft“ bloggt. Seit Dezember 2011 werden dort informative Texte zum Tätigkeitsbereich der Kommission beim Bundestag veröffentlicht. Heute kam ich endlich dazu, den Text Die Bürger, der Staat und das Internet: Das große ‘E’ der Politik zu lesen. Er enthält als Autoren-Information leider nur „Redaktion“.

Der wohltuend kurze Text definiert die Begriffe „E-Government“, „E-Demokratie“ und „E-Partizipation“. Studierende künftiger Generationen werden diesen Text dankbar nutzen, denn offizieller und seriöser als von der Kommission kann man nötige Definitionen nicht bekommen.

Ich las. Und stutzte. Denn in dem Text heißt es:

„Denn die Beziehung zwischen E-Demokratie, E-Government  und E-Partizipation entspricht derselben hierarchischen Abstufung wie auch Demokratie, Regierung und Bürgerbeteiligung.“

E-Government wird demnach als der „E“-Teil des Regierens, also der Exekutive, und als Unter-Kategorie der E-Demokratie beschrieben. Es ist vor allem binnenadministrativ fokussiert und oft an Verwaltungsmodernisierungsbemühungen angedockt. Die Definition bezieht sich direkt auf die mehr als zehn Jahre alte Defintion von E-Government der Speyerer Hochschule für Verwaltungswissenschaften. E-Partizipation sei wiederum die zweite Unter-Kategorie der E-Demokratie. E-Demokratie ist also das große Ganze – irgendwie. E-Government wird „top down“ verstanden. E-Partizipation für die Bürgerinnen und Bürger wird durch die „Regierung“ von oben herab gewährt.

Das ist alles nicht falsch. Nur ist es nicht mehr wirklich aktuell, finde ich. Ich habe meine Magisterarbeit 2004 abgegeben. Schon damals fanden sich diese Kategorien in meinem definitorischen Teil (S. 102 – 108). Nur gab es auch damals schon Hinweise, dass diese Ansätze nicht mehr ausreichen. „Veraltetes Kästchen-Denken bei der Enquete-Kommission“ weiterlesen

Veraltetes Kästchen-Denken bei der Enquete-Kommission